Der Sozialstaat - Fallbeispiel Arbeitsamt
von Wal Buchenberg am 19. März 2003 10:27:15:
Als Antwort auf: Wohlfahrtsstaat? Nein, Zwangsarbeitsstaat! von Wal Buchenberg am 19. März 2003 07:27:38:
Der Sozialstaat – Fallbeispiel Arbeitsamt
(Zahlen zur Bundesanstalt für Arbeit aus: Haushaltsplan 2003, http://www.arbeitsamt.de/hst/services/finanzen/haushalt2003.pdf)
1. Personalbestand
Die Bundesanstalt für Arbeit („Arbeitsamt“) hat rund 80.000 festangestellte und 10.000 weitere Beschäftigte, insgesamt als 90.000. Davon sind 22.500 Beamte.
Nach Mitarbeiterzahl gerechnet liegt das Arbeitsamt zwischen dem Bayer-Konzern, mit 117.000 Beschäftigten das 15größte deutsche Unternehmen und der Preussag AG, mit 70.000 Beschäftigten auf dem 18. Rang.
Das Arbeitsamt ist eine riesige Jobmaschine – für sich selbst.
2. Löhne & Gehälter
Die Personalausgaben des Arbeitsamtes sind für 2003 mit 3,4 Milliarden Euro veranschlagt. Umgerechnet auf die Gesamtmitarbeiterzahl ergibt das ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 38.340 pro Beschäftigten. Macht ein durchschnittliches Monatsentgelt von knapp 3200 Euro im Monat.
Zum Vergleich: Das Durchschnittsentgelt aller Lohnarbeiter in Deutschland liegt bei 30.300 Euro im Jahr oder bei 2500 Euro im Monat.
Das Arbeitsamt beschäftigt nicht nur viele Leute, es bezahlt seine Leute auch überdurchschnittlich gut.
3. Einnahmen
Geplante Einnahmen für 2003: 53, 163 Milliarden Euro. Davon aus Versicherungsbeiträgen: 49,4 Milliarden (93 Prozent) von 27,4 Millionen Versicherten. Pro Versicherten kassiert das Arbeitsamt 1800 Euro im Jahr – drei Viertel eines durchschnittlichen Monatslohns.
Was das Arbeitsamt auszahlt, sind keine Almosen. Zum allergrößten Teil wird das Arbeitsamt aus Versicherungsbeiträgen finanziert.
4. Leistungen
Geplante Einnahmen waren 53 Milliarden Euro.
3,4 Milliarden Euro gehen davon ab für Personalausgaben.
Weiter gehen ab: 4,4 Milliarden „Verwaltungsausgaben“
Weiter gehen ab: 1,57 Milliarden sonstige Verwaltungsausgaben und Investitionen.
Insgesamt rund 9,4 Milliarden, die das Arbeitsamt den Versicherten für seine Leistungen in Rechnung stellt.
Von den 53 Milliarden Euro Einnahmen des Jahres 2003 verbrauchen die 90.000 Beschäftigten des Arbeitsamts über 9 Milliarden (17 %). Jedes kapitalistische Unternehmen würde alle Manager feuern, die noch einmal das Doppelte an „Verwaltungsausgaben“ zusätzlich zu den Personalkosten in ihrer Verwaltung aufwendeten.
Bleiben 44 Milliarden an die Versicherten zu verteilen.
Was erhalten die Versicherten daraus?
Von 4,1 Millionen erwarteten Arbeitslosen des Jahres 2003 sollen ganze 1,8 Millionen Arbeitslose im Jahr 2003 Arbeitslosengeld (44 Prozent) erhalten.
Zwischenfrage: Was taugt eine Versicherung, die nur 44 Prozent der Schadensfälle bezahlt?
Für die unterstützten 1,8 Millionen Arbeitslose werden im Jahr 2003 24,3 Milliarden Euro aufgewendet, macht pro Nase durchschnittlich 1125 Euro im Monat.
Also: 2,3 Millionen Arbeitslose (56 %) kriegen nix. 1,8 Millionen Arbeitslose kriegen durchschnittlich 1125 Euro im Monat .
Und selbst dieses Geld kriegt niemand ohne behördlichen Schikanen: Im Arbeitsamt Kiel ist es schon soweit, dass man vor Abholung des Arbeitslosengeldes einen Alkoholtest machen muss. Wer mehr als 0,5 Promille im Blut hat, kriegt für den Tag („als nicht vermittelbar“!) kein Geld. Wer nicht ins Röhrchen blasen will, bekommt für 14 Tage keine Kohle.
Bleiben noch 17,4 Milliarden Euro zu verteilen. Die fließen in allerlei berufene und unberufene Taschen:
Teils handelt es sich wie Kurzarbeitergeld und Winterbaugeld (700 Mio. Euro) um indirekte Subventionen an das Kapital, das auf Kosten des Arbeitsamtes in schlechten Zeiten die Lohnkosten einspart, teils handelt es sich um direkte Subventionen wie 200 Millionen Euro für „Beteiligung Dritter an der Vermittlung“ oder „Förderung selbständiger Tätigkeit“ (1 Milliarde Euro).
Meine Bilanz:
Die Lohnarbeiter müssen für Arbeitsamt und „Wohlfahrtsstaat“ schwer blechen. Davon leben eine Menge „Staatsdiener“ in Bequemlichkeit. Die Beamten auch in Annehmlichkeit (6267 Planstellen in A 12 und höher, 3210 Stellen in A 13 und höher).
Wenn der „Versicherungsfall“ eintritt, kriegen weniger als die Hälfte, die Unterstützung brauchen, überhaupt was ausgezahlt.
Die was kriegen, kriegen wenig und müssen noch tausend behördliche Schikanen in Kauf nehmen.
Wem also dient so ein Arbeitsamt?
In erster Linie denen, die sich darin bequeme Arbeitsstellen verschafft haben.
In zweiter Linie dem Kapital, das seine Geschäftsrisiken auf Kosten der Sozialkassen verringern kann und zuletzt denen, die Hilfe nötig haben.
Wal Buchenberg, 19.03.2003